Hoffnungsschimmer

Sonntag, irgendwann tief in der Nacht.
Etwas zerrt an mir. Ich versuche, weiter zu schlafen.
Ich höre undeutliche Geräusche.
Hmpf, wird schon wieder aufhören.
Das Zerren wird heftiger. Die Geräusche deutlicher.
"Hallo, Schatz, es ist Zeit" höre ich in der Ferne.
Hm?
"Aufstehen, wir müssen los"

Was ist? Ich mache die Augen auf.
Vor mir steht Lotte.
"Los aufstehen. Es ist höchste Zeit"
"Jaaaa, schon gut. Ich komm ja."
Mühsam rapple ich mich hoch und schleiche ins Bad.

Oh, wie ich sie verfluche, diese verflixten Sonntagmorgen.
Wochenende abhaken.
Ich versuche mich auf's nächste zu freuen.
Halt, verflixt, da haben wir ja auch schon einen Termin.
Dann freue ich mich halt auf Montag.
Da kann ich wenigstens etwas länger schlafen.
Ich muffle weiter vor mich hin.
Waschen, anziehen, ein kurzes Frühstück.
Auto einräumen und los geht's.
Schatz, fahr du. Bin zu müde.
Auf der Fahrt mache ich die Augen zu.
Ich versuche noch eine Mütze voll Schlaf zu bekommen.
Wir sind fast da.

Dann geschieht etwas Seltsames.
Wir fahren auf die Kirche zu.
Wir sehen die ersten Hoffnungsschimmerer.
Die miese Laune ist weg.
Aussteigen, Leute umarmen und drücken.
Schwätzchen halten und dann den ganzen Krempel aus dem Anhänger in die Kirche tragen.
Wozu brauchen wir nur das ganze Zeug.
Es kommen mehr Hoffnungschimmerer.
Wieder Leute umarmen und drücken, Schwätzchen halten, aufbauen.
Jetzt sind die meisten da.
Erhard gibt das Kommando zum aufstellen.
Einsingen.
Alles noch ein Wenig heißer. Ein paar falsche Töne dazwischen.
Alles nochmal.
Langsam wird's.
Die Leute kommen in die Kirche.
Es ist Zeit. Das erste Lied. Diesmal passt's. Fast ohne falsche Töne.
Die Leute singen mit. Es scheint ihnen zu gefallen.
Die Predigt. Die Lieder. Alles passt zusammen.
Gut gemacht Erhard.
Der Segen, das letzte Lied, die letzten Töne.
Die Leute klatschen.
Es hat ihnen wohl wirklich gefallen.
Ich freue mich. Es ist ein schönes Gefühl.
Abbauen, Schwätzchen halten, das ganze Zeug wieder in den Anhänger.
Schwätzchen halten, Freunde umarmen und drücken.
Wieder heimfahren.

Vielen Dank Erhard für die vielen, vielen verflixten Sonntage.

Ein Hoffnungsschimmer